Zgorzelec gehört zu jenen besonderen Orten auf dem Gebiet des heutigen Polen, an denen große Kriegsgefangenenlager der deutschen Wehrmacht funktioniert haben.
Bereits 1938 wurde im Oberkommando der Wehrmacht mit der Organisation eines Systems für Kriegsgefangenenlager begonnen, man bildete entsprechende Ämter und Einheiten. Obwohl das Dritte Reich im August 1934 das Genfer Abkommen ratifizierte, wurde eine Nichtbeachtung von manchen seiner Bestimmungen von Anfang an vorausgesetzt und sogar eine Liste potenzieller Verletzungen des Völkerrechts erarbeitet2. Es war klar, dass die Mobilisierung im Fall des Krieges Hunderttausende von Männern von ihren Arbeitsplätzen abziehen wird und dass diese von neuen Arbeitskräften, das heißt von Kriegsgefangenen zu ersetzen sind. Dies betraf u.a. die Landwirtschaft, aber auch die Rüstungsindustrie.
Beim Ausbruch des Kriegs am 1. September 1939 befand sich das damalige Görlitz in den Verwaltungsgrenzen der Provinz Schlesien des Reichs. Im Rahmen der Militärstruktur befand sich die Stadt im Wehrkreis VIII mit dem Kommando in Breslau. Für kriegsgefangene Offiziere wurdenOffizierslager (Oflags), für Unteroffiziere und Mannschaften – Stammlager (Stalags) errichtet. Es entstanden auch Durchgangslager (Dulags), wo die Prozedur der Aufnahme von Gefangenen durch den Apparat des OKW und deren Versetzung in das Bestimmungslager stattfand.
Beim Kriegsausbruch verfügte die deutsche Seite über eine nicht vollständig entwickelte Infrastruktur von Kriegsgefangenenlagern. Ein beträchtlicher Teil von Lagern befand sich im Aufbau, andere sollten erst unter Ausnutzung der Arbeitskraft von Kriegsgefangenen gebaut werden.
Die Geschichte der Kriegsgefangenenlager in Görlitz fängt mit dem während des ganzen Septembers 1939 funktionierenden Dulag Görlitz (in Dokumenten auch als Dulag VIII A Görlitz bezeichnet) an. Hier kamen nämlich die ersten Kriegsgefangenen, Soldaten des Polnischen Heeres, an. Der erste Transport von ihnen kam am 8. September ins Lager. Der Aufenthalt im Dulag war für viele nur eine kurze Etappe ihrer Gefangenschaft – von hier aus wurden sie in andere Lager im Reich geleitet. Das Dulag erstreckte sich auf den Feldern entlang der heutigen Lubańska-Str. (damals Laubaner Straße) im nord-östlichen Teil von Zgorzelec. Die Gefangenen wurden in Zelten untergebracht; das ganze Gelände war mit Draht umzäunt. Am 18. September 1939 hielten sich hier 8 468 Personen, darunter 396 Offiziere, 6 398 Unteroffiziere und Mannschaften, 1 674 Zivilisten (unter ihnengab es auch Frauen) auf. Im letzten Quartal 1939 waren im Dulag rund 8 000 Gefangene.